Der Südpass in die Lagune von Fakarava ist ein Magnet für Tauchtouristen. Wir haben in allen Tuamotu-Pässen Haie gesehen, aber aus irgendeinem unbekannten Grund sind sie hier besonders zahlreich (angeblich leben 200-300 Graue Riffhaie hier). Beim Schnorcheln trifft man einige, aber der Großteil ist im tieferen Wasser unterwegs, somit macht es hier wirklich Sinn, die Tauchausrüstung heraus zu holen. Heute Morgen sind wir zum Pass gesegelt, haben die Tauchsachen fertig gemacht und sind mit unseren Freunden von SY Pakia Tea (www.planet-ocean.at) für einen Drift-Tauchgang zum Pass gedüst.
Wir wussten, dass die Strömung zu dieser Tageszeit in die Lagune geht, somit sind wir mit den Dingi weit hinaus gefahren, ins Wasser gesprungen und mit Sonja auf 20 m abgestiegen, während Tom sich opferte und uns mit dem Dingi in die Lagune folgte. Mit diesem angenehmen Arrangement konnten wir den Tauchgang sorgenfrei genießen. Wir trieben in der Strömung dahin und beobachteten Schwärme von bunten Doktor- und Schmetterlingsfischen über gesund aussehenden Korallen, freche Drückerfische bissen Brocken ebendieser Korallen ab, majestätische Napoleonfische patroullierten ihr Revier, Zackenbarschen lugten unter Felsvorsprüngen hervor und dann beim Drop-off in den tieferen Kanal endlich der eigentliche Grund für unseren Tauchgang: große Gruppen von Grauen Riffhaien stehen dort in der Strömung, mit ein paar Weißspitzenriffhaien dazwischen. Tagsüber wirken diese Haie passiv, wahrscheinlich rasten sie nach der nächtlichen Jagd auf Fische, trotzdem sind die Zahlen und die Nähe zu ihnen
beeindruckend.
Es ist lustig, wie ängstlich wir früher waren. Als Kind hielt ich beim Schwimmen in der Adria ständig nervös Ausschau nach Monstern unter mir – wahrscheinlich wurden wir und unsere Generation von den ‘Der weiße Hai’ Filmen geschädigt… Nachdem wir so viel Zeit im Wasser hier in Französisch Polynesien verbracht haben, haben wir diese Scheu verloren, genießen die Gesellschaft von neugierigen Riffhaien bei Schnorchelausflügen und hoffen immer auf einen Blick auf etwas Größeres – manchmal ein scheuer Zitronenhai am Außenriff, manchmal ein Silberspitzenhai im Pass oder die schlafende Silhouette eines Ammenhais am Boden. Haie sind ein wichtiger Teil des Ökosystems, aber in vielen Gegenden wurden sie von Fischern ausgerottet, weil diese keine Konkurrenten beim Fischen wollen, ihre Flossen auf dem asiatischen Markt teuer verkaufen oder die Lagune ‘sicher machen’ wollen. Auch trophäengeile Sportfischer stellen ihnen nach… Glücklicherweise sind Haie in Französisch Polynesien noch z
ahlreich vertreten.
Natürlich gibt es auch Haiarten, die uns zu einem schnellen Rückzug ins Dingi bringen würden: ein großer Tigerhai, oder Bullenhai wäre sicher wenig lustig, doch auch dann würde bei vernünftigem Verhalten wohl keine Gefahr drohen. Haiunfälle ergeben sich eher, weil Leute in Gegenden mit großen Populationen als gefährlich bekannter Haiarten ins Wasser gehen (z.B. Südafrika oder Australien), oder weil sie beim Speerfischen mit blutigen, zappelnden Beutefischen Haie anlocken. Wir haben bei unseren vielen Begegnungen mit Haien noch nie ein aggressiv wirkendes Exemplar getroffen.