Bei unserem zweiten Aufenthalt auf Taravai haben wir in der Suedbucht geankert, weil wir die wenigen Familien, die hier leben, besuchen wollten. Wir machten also einige Dinghi-Ausfluege, wurden ueberall mi Polynesischer Freundlichkeit empfangen und tratschten mit den Leuten und bekamen interessante Geschichten zu hoeren.
Auf der Ostseite der Insel befindet sich ein verlassenes Dorf und eine Kirche. Hier wohnt nur eine Familie, die als ‘Hausmeister’ oder besser ‘Dorfmeister’ angestellt ist. Herve und Valerie halten die Kirche und die Haeuser instand und kuemmern sich um die Gaerten. Sie freuen sich ueber Besucher, wir werden gleich auf eine Tasse Tee eingeladen und nachdem beide gut Englisch sprechen (eine Seltenheit hier) ist die Unterhaltung informativ und viel einfacher als das holprige Franzoesisch mit viel Mimik, mit dem wir uns sonst plagen. Frueher gab es auf Taravai ein richtiges Dorf, aber in den letzten 25 Jahren sind die Bewohner nach und nach auf die Hauptinsel Mangareva abgewandert, weil dort das schnelle Geld durch Perlfarmen lockt. Nur am Wochenende kommen sie manchmal auf Besuch. Valerie unterrichtet ihre zwei Buben selbst (mit dem Material einer franzoesischen Fernschule) und ist Kuenstlerin: sie nutzt den vielfarbigen Sand der Insel um Sandbilder mit traditionellen Motiven herzustellen. Sie sind gluecklich in ihrem kleinen Paradies, nach Rikitea fahren sie nur zum Einkaufen – es ist ihnen zu laut und hektisch in der Stadt (Rikitea hat keine 1000 Einwohner ). Wir haben ein Buch fuer den aelteren Sohn und Kekse fuer den Kleinen mit und werden im Gegenzug reich mit Fruechten beschenkt.
Etwas ausserhalb vom Dorf wohnt Didier, ein franzoesischer Cruiser, der vor 10 Jahren auf einem rostigen Stahlboot angekommen ist. Er ist hier haengengeblieben, das Boot ist irgendwann komplett weggerostet, doch jetzt hat er ein neues Boot und will nach der langen Pause wieder los. Didier’s Hund war auf seinen Reisen mit dabei, hat das Inselleben genossen, doch jetzt ist er 18 Jahre alt, kann kaum noch gehen und deshalb wartet Didier noch mit der Abfahrt, bis sein langjaehriger Gefaehrte seine eigene Reise in den Hundehimmel antritt.
Im Sueden der Insel haben Edouard und Denise ein Stueck Land gerodet, ein schmuckes Haus gebaut und leben hier mit ihrer Enkelin. ‘Enakoto! Peeakoto?’ (Guten Tag! Wie gehts?) rufe ich, als wir mit dem Dinghi anlegen und bin stolz, dass ich meine bei Valerie erfragten Mangarewan-Vokabel gleich anbringe. Denise schuettelt nur den Kopf und antwortet auf Franzoeisisch – sie kommt von den Tuamotus und spricht Tahitienne – eine ebenfalls polynesische, aber voellig unterschiedliche Sprache. Wir schreiben uns in ihr Gaestebuch ein, kaufen einen aus Muscheln gefertigten Anhaenger und fahren mit Basikilum, Minze und Rosmarin beladen zu Pitufa zurueck.
Auf der kleinen vorgelagerten Insel Agakauitai steht das Haeuschen von Herve’s Tante. Sie kommt allerdings auch nur am Wochenende, die permanenten Bewohner wohnen unter dem Haus: drei Schweinchen, die auf Besucher lautstarkend grunzend und quietschend zurennen. Nach einer kurzen Unsicherheitsphase ist klar, dass sie nicht aggressiv sind, sondern sich freuen, wenn Besuch kommt. Sie wollen hinter den Ohren gekratzt und am dicken Bauch gestreichelt werden.
Starkwind aus Nordost macht unseren Ausfluegen ein Ende. Hinter der Insel sind wir zwar vor den Wellen geschuetzt, der Wind pfeift aber in kurzen Boeen ums Kap und ueber die Berge verstaerkt durch Dueseneffekte. Ein paar Minuten herrscht Ruhe, dann pfeift der Wind mit bis zu 50 Knoten heran, wirbelt Gischt von den Wellenkaemmen hoch auf, drueckt Pitufas Bug herum und drueckt sie auf die Seite. Der Spuk dauert immer nur ein paar Minuten, wir haben 70 Meter Kette draussen und wissen, dass wir uns auf unseren Anker verlassen koennen. Nach dem Nordwind folgt eine Flaute, die wir zur Rueckfahrt nach Mangareva nutzen.